Das Projekt
10 Jahre MoZuluArt
Ihr erster Auftritt hätte keinen passenderen Anlaß haben können:
Es galt „10 Years End Of Apartheid“ zu feiern, als Vusa Mkhaya Ndlovu (Stimme), Dumisani Ramadu Moyo (Stimme, Perkussion), Blessings Zibusiso Nqo Nkomo (Stimme) und Roland Guggenbichler (Klavier) auf der Bühne im Wiener Radiokulturhaus gemeinsam die ersten Schritte Richtung MoZuluArt und deren einzigartiger Verbindung von Klassik und afrikanischer Musik unternahmen. „This came out well“, sagt Vusa heute über die Geburtsstunde von MoZuluArt. Eine Formation, die heute auf eine gut 10jährige, reiche Geschichte zurückblicken kann und die im März 2014 mit „Township Serenade“ (Universal) ihr jüngstes, drittes Album veröffentlicht hat.
Dabei kannte und schätzte sich das Quartett bereits aus der überschaubaren österreichischen Musikszene, hatte gemeinsam mit anderen Musikern gespielt und gesungen. Ein kreativer „common ground“ würde sich also sicher finden lassen, obwohl der Background der Beteiligten unterschiedlicher nicht hätte sein können. Vusa, Ramadu und Blessings stammen aus Simbabwe, als Musiker tief verwurzelt in der dort gepflegten Vokal-Tradition. „Keiner fragt, in welcher Stimmlage du singst, oder wie lange ein Stück dauert“, erklärt Vusa, der bei Konzerten von MoZuluArt mit seinen immensen Erzähler- und Entertainer-Qualitäten dem Publikum den Einstieg in die Musik leicht macht. (Tatsächlich wurden MoZuluArt erst unlängst in Deutschland mit einem Comedy-Preis ausgezeichnet ...). „Alle singen mit und finden selbst ihre Stimmen.“
Das afrikanische Freundes-Trio, bis heute unabhängig von MoZuluArt als A-Capella Formation Insingizi aktiv, kam Ende der 90er in Sachen Musik nach Österreich, zuerst nach Graz. Heute leben alle drei – gerne – in Wien. Wie Roland Guggenblichler, der ursprünglich aus Braunau kommt und sich von dort aus mit seinem Klavier zuerst nach Linz und dann in die Welt gespielt hat und heute ein gefragter Tasten-Künstler ist, der unter anderem mit Kurt Ostbahn und Hans Theessink gearbeitet hat.
Schon bei den ersten gemeinsamen Proben der zukünftigen MoZuluArt entstand die Idee, Klassik mit den musikalischen Wurzeln der Sänger zu verbinden. Eine Herausforderung für alle Beteiligten, musste sich Guggenbichler doch auf die Klangwelt seiner afrikanischen Partner einlassen und galt es umgekehrt ein komplexes musikalisches System ohne eigene biographische Anknüpfungspunkte zu durchdringen. „Das geht nicht von heute auf morgen“ stellt Roland Guggenbichler rückblickend fest. Dabei erwies sich der Ansatz Mozart – vom großen Sohn Salzburgs leitet sich der Name her – und dessen Kompositionen als Ausgangspunkt zu nehmen als goldrichtig. 2006, im Mozart-Jahr, erschien das Album-Debüt „MoZuluArt“ – „Zulu Music meets Mozart“. 14 Stücke definierten erstmals auf Tonträger was MoZuluArt alles sein kann – Eigenkompositionen, musikalisch teils von Mozart-Stücken inspiriert, Adaptionen von afrikanischen Traditionals, gesungen und getextet wird in Ndebele, eine von 16 (!) Amtssprachen Simbabwes ... Eine Fülle von Ideen und Elementen, die ein stimmiges, sinnliches Ganzes ergibt, gekrönt von einer Aufnahme mit den Wiener Symphonikern. 2010 folgte „An African Christmas with MoZuluArt“, eingespielt mit dem Ambassade String Quartett. Ein Album, das der sogenannten stillsten Zeit des Jahres einige neue Aspekte abgewinnen konnte und erstmals die bis heute andauernde fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Ambassade String Quartett auf Tonträger festhielt.
Ein Quartett, mit dem MoZuluArt nicht zuletzt durch gemeinsame Tourneen einen großen „inneren Zusammenhalt“ fühlen, was sich auf „Township Serenade“ abermals manifestiert, wo auf einigen Stücken das erweiterte Ambassade Orchestra zu hören ist. „Township Serenade“ mit seinen 11 Stücken bringt alle Qualitäten von MoZuluArt fokussiert auf den Punkt, ihre Wärme und ihre sinnliche wie intellektuelle Kraft, die Musik wird dabei, gewachsen durch die jahrelange Arbeit und Konzerte in Afrika, Deutschland Frankreich, Italien, Lettland, Russland, den Vereinigten Staaten und natürlich Österreich mit einer solchen Souveränität umgesetzt, mit so großer Genauigkeit und emotionaler Hingabe, dass es eigentlich undenkbar erscheint, dass klassische Musik und afrikanische Musik nicht schon vorher so zwingend miteinander in Beziehung gesetzt wurden. Dabei hat nicht nur das eigene Material zusätzlich an Profil und Tiefe gewonnen, sondern finden neben Wolfgang Amadeus Mozart, Maurice Ravel, Joseph Haydn und Johann Sebastian Bach („der Mozart vom jeweiligen Land“ kommentiert Vusa schmunzelnd“) Eingang in den so ständig weiter werdenden MoZuluArt-Klangkosmos, der so hell und vielfältig strahlt, dass das Album außerhalb Österreichs vom renommierten Harmonia Mundi Label veröffentlicht wurde.
Wenn MoZuluArt nach Auftritten in lettischen TV-Kochsendungen, Joe ´s Pub in New York, in einem afrikanischen Weinkeller, der so auch in der Steiermark oder im Burgenland hätte sein können oder an der Universität Johannesburg, wo sie wie Popstars gefeiert wurden, Ende November ein großes Konzert im Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses geben, dann ist das eine weitere Station in ihrer erstaunlichen und schönen Geschichte. Eine Geschichte, die keine großen Theorien von der völker- und kulturenverbindenen Kraft der Musik, keine huldvollen Worte von der Möglichkeit eines harmonischen Umgangs miteinander aus künstlerischem und menschlichen Respekt braucht, weil das alles in ihrer Musik steckt, in ihrem Auftreten. Vusa: „Background is not really important, if you find something that you have in common.“
(
Rainer Krispel)